Betreute Taubenschläge statt Aushungern

Forum Passau unterstützt im Umgang mit Stadttauben das "Augsburger Modell"

Einbeinige Taube am Ludwigsplatz

Zum dritten Mal in diesem Jahr fand am Dienstag das monatliche Treffen des FORUM Passau statt. Diesmal begrüßte Präsident Friedrich Brunner die Passauer Taubenexpertin Luisa Hell, die über mögliche Lösungen der Taubenproblematik referierte. Unabhängig vom Nahrungsangebot haben Stadttauben als ausgesetzte Haustiere und deren Nachkommen einen starken angezüchteten Brutzwang. Dienten sie früher den Menschen mit Fleisch und Eiern als Nahrungsquelle oder Kommunikationsmittel, so erfüllen sie heutzutage längst nicht mehr diesen Zweck. In der Wahrnehmung gelten sie nun eher als Last, obwohl das Problem menschengemacht ist. Insbesondere um den Kot der Tiere zu verhindern, wird massiv in sogenannte Vergrämungsmaßnahmen wie Stacheln oder Netze investiert, die die Tiere fernhalten sollen, im Effekt aber nur zu einer Verlagerung führen. Besonders qualvoll macht das Leben der Tiere zusätzlich auch der permanente Hunger. Wären sie eigentlich auf artgerechtes Futter wie Körner angewiesen, bleiben ihnen in urbanen Gebieten meist nur menschliche Abfälle wie Essensreste. Diese Fehlernährung führe wiederum dazu, dass die abgesetzte Kotmenge sich bis zu verdreifacht und der pH-Wert saurer wird. „Ein Prüfungsbericht der TU Darmstadt hat jedoch belegt, dass der Taubenkot für die Gebäudesubstanz und nicht-metallische Materialien unschädlich ist.Zudem sei der Kot, so Hell weiter, bei artgerechter Ernährung deutlich leichter zu entfernen. „Ein Fütterungsverbot, das es in Passau seit über 25 Jahren gibt, ist folglich nicht zielführend“, kritisiert Hell. Es würde durch den angezüchteten Brutzwang nur dazu führen, dass mehr Tiere qualvoll verenden und verhungern. Für die Reduzierung der Population sei dies der falsche Weg. „Die große Zahl an Tauben, die es heute in Passau gibt, ist der deutlichste Beleg, dass der Weg des gezielten Aushungerns nicht funktioniert.“ Stattdessen verwies Hell auf das Augsburger Stadttaubenmodell, das eine große Zahl an Städten bereits ebenfalls erfolgreich eingeführt hat. Dieses sieht die Errichtung betreuter Taubenschläge vor, in denen die Tiere die meiste Zeit verbringen, artgerechtes Futter erhalten und brüten. Dadurch habe man die Möglichkeit, die Eier durch Gipsattrappen zu tauschen und so die Gesamtpopulation wirksam und ohne Tierleid zu reduzieren. Auch entstehe im öffentlichen Raum deutlich weniger Kot, so können Reinigungskosten gespart werden. So verwies Hell auch auf den Kostenfaktor: „Der Unterhalt dieser betreuten Schläge ist deutlich günstiger als die Vergrämungsmaßnahmen. Die positiven Erfahrungen, die Städte wie Augsburg und viele andere Kommunen seit Jahrzehnten damit gemacht haben belegen zudem, dass dieser Weg der sinnvollste und effektivste ist. Das Augsburger Modell ist gut für das Wohl der Tiere, die artgerechte Begrenzung der Population, Reduktion des Taubenkots und spart so auch noch Kosten.Es spielt dabei keine Rolle, ob man Tauben mag oder nicht, aber so bekommt man sie und auch ihren Kot nachweislich am wirksamsten weg von der Straße und das ist die Hauptsache.“ Auch aus Sicht der Denkmalschutzes sei dieser Weg, den Friedrich Brunner als „Quadratur des Kreises“ lobte, begrüßenswert. In der anschließenden Diskussion mit den FORUMs-Mitgliedern erkundigte sich Stadträtin Diana Niebrügge, wie viele Schläge denn in Passau notwendig wären, um das Problem in den Griff zu bekommen. „Tauben sind sehr standorttreu. Die Schläge wären also flächendeckend an den Hotspots notwendig, für Passau schätzungsweise sechs“, entgegnete Hell. Stadtrat Matthias Weigl, der bereits Ende vergangenen Jahres einen entsprechenden Antrag eingereicht hatte, berichtete, dass eine Behandlung im Ordnungsausschuss vorgesehen sei. Luisa Hell erhielt für ihr Vorhaben viel Zustimmung. Einstimmig beschlossen die rund 40 anwesenden Mitglieder, die Errichtung betreuter Taubenschläge nach dem „Augsburger Modell“ zu unterstützen. „Wenn ein Problem da ist, muss man es erst erkennen, dann Lösungen suchen und umsetzen. Ich finde diesen Ansatz zum Umgang mit den Stadttauben wirklich spannend und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit“, bilanzierte FORUMs-Präsident Brunner und überreichte der Referentin als Dank ein kleines Präsent.